Heimat

Heimat meint die Bindung von Menschen an einen vertrauten Ort. Auch heute, in Zeiten der Globalisierung und der biografischen Normalität des räumlichen Wechsels und Pendelns, gibt es unvermindert Praxen der Beheimatung. Die Gewinnung und Kultivierung eines eigenen Lebens- und Erfahrungsraums scheint auch jenseits ihrer sentimentalen Verklärung und politischen Instrumentalisierung ein zentraler Teil von Kultur überhaupt zu sein und ist niemandes Privileg. Mit den neuen DIY-Räumen entstehen Orte und Zusammenhänge, die viele gerne aufsuchen. Gerade ihre Offenheit, ihre Affinität zum Leib und der Umstand, dass sie ihren Nutznießern nichts Bestimmtes abverlangen, sondern mehr geben als nehmen, lässt allmählich eine Identifikation und Verbindungen mit ihnen wachsen, die man als vielfältige Beheimatungen verstehen kann.

Die Rückseite der Globalisierung ist die Lokalisierung. Die beiden Begriffe bezeichnen keinen Widerspruch, sondern Entgrenzungs- und Begrenzungsprozesse, die wechselseitig aufeinander bezogen sind und deren Logik eine subjektiv gelebte ist. In diese Dynamik und Komplexität hinein wirken DIY-Räume, indem sie globale Verbindungen schaffen und die Bildung von Communitys weltweiter Reichweite begünstigen, andererseits sind sie klar verortet, verdichtet und begrenzt. Ihre Selbstbeschreibung als > nomadisch betont den Pol räumlicher Bewegung und Entgrenzung. Es entspricht nicht dem Lebensgefühl der jungen Kosmopolitanen, für immer und ewig räumlich festgelegt zu sein. Und doch entstehen die Orte aus einem Bedürfnis nach Beheimatung. Sie liefern Zeugnis ab für das Begehren, den verschiedenen Aspekten seiner selbst und vielen anderen ein gutes Zuhause zu schaffen, eine neue und eher unsentimentale Form von Heimat.

Gebhard, Gunther/ Geisler, Oliver/ Schröter, Steffen (Hg.) (2007): Heimat. Konturen und Konjunkturen eines umstrittenen Konzepts. Bielefeld: transcript.

 

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