Bildung

DIY-Räume sind Umgebungen, die ständig Wissen generieren. Hier wird radikal neu bzw. von der Zukunft her gedacht, und eben nicht nur gedacht. Wissen wird nicht als fest umrissener Kanon, sondern als Prozess begriffen. Im DIY ist längst verstanden, dass neues Wissen nicht im luftleeren Raum der Abstraktion entsteht, sondern dass es dazu der praktischen Erfahrung und der Interaktion mit der Umwelt bedarf. Ohne Übertreibung kann das neue Selbermachen als eine der fruchtbarsten und radikalsten Formen des Lernens und der Selbstbildung verstanden werden. Respekt vor irgendeinem Kanon oder Curriculum hat man hier nur in Maßen. Damit vollzieht sich im DIY eine Gegenbewegung zum Bologna-Prozess in den Universitäten. Während an den Hochschulen zunehmend vorgegebener Stoff vermittelt wird und die Räume für selbst gewählte Themen und methodische Angänge immer kleiner werden, lässt sich ein „friendly Takeover“ der Forscher- und Bastelenergie durch die Selbermacher und > Dilettanten beobachten. Dies gilt sowohl für technische Belange als auch für Handwerk, Hauswirtschaft, Ernährung und Kunst. In all diesen Bereichen begeben sich die Akteure in mit großen Wissensbeständen und Traditionen angefüllte und hoch reglementierte Räume, um sie sich neu zu erschließen.

Ihr Zugang ist zugleich Entrümpelung wie auch Wiederbelebung tradierter Bestände. Vergessene Obst- und Gemüsesorten rücken ins Interesse von “Mundräubern“ und Gärtnern. >  Einkochen wird revitalisiert. Mobilität wird neu erfunden. Viele Projekte des DIY reklamieren für sich, Bildungsinstitutionen zu sein, und experimentieren auf vielfältige Weise mit der Praxis der Wissensvermittlung. Natürlich Learning by Doing. Lernen ist hier alltäglich. Es passiert oft beiläufig und ist doch hocheffektiv, denn gerade weil die Klassenzimmer- oder Seminarsituation anders als bei den Profis inszeniert wird, überwindet man mühelos Schranken und Widerstände. Es gilt: Alle lernen immer. Wissensgesellschaft war gestern, es lebe die Experimentiergesellschaft.

Halder, Severin et al. (2014): Wissen wuchern lassen. Ein Handbuch zum Lernen in urbanen Gärten. Neu-Ulm: AG Spak.
Peters, Sibylle (Hg.) (2014): Das Forschen Aller. Artistic Research als Wissensproduktion zwischen Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft. Bielefeld: transcript.

 

> zurück zur Übersicht